
Eine bemerkenswerte Geschichte, wie deutschen Fürsten, Englands Krone erhielten und dann die britische Monarchie prägten. Weshalb wurde Georg I. König von England, ohne Englisch sprechen zu können, und wie beeinflusste die Dynastie Hannover mit anderen deutschen Adelsfamilien das Land bis zur Ära Königin Victorias?
Ein deutscher Kurfürst wird britischer König
Als Georg Ludwig von Hannover 1714 nach England reiste, sprach er kaum ein Wort Englisch. Dennoch wurde er als Georg I. König von Großbritannien und Irland. Dass ein deutscher Kurfürst auf Englands Thron gelangte, war das Ergebnis weitreichender politischer und religiöser Entwicklungen. Bis 1901 prägten die Herrscher aus dem Haus Hannover die britische Monarchie. Doch warum kam diese Dynastie an die Macht, und weshalb endete ihre Herrschaft mit Königin Victoria? Ein Blick auf die historischen Hintergründe und die deutschen Adelsverbindungen offenbart spannende Zusammenhänge.
Der lange Weg auf den englischen Thron
Die Wurzeln dieser Entwicklung reichen bis ins Jahr 1688 zur „Glorreichen Revolution“. Damals wurde der katholische König Jakob II. von seiner protestantischen Tochter Maria II. und deren Ehemann Wilhelm III. von Oranien abgelöst. Da das Paar keine Kinder hatte, übernahm Marias Schwester Anne 1702 die Krone. Sie war die letzte Monarchin aus dem Haus Stuart. Doch ihr Tod 1714 hinterließ eine komplizierte Thronfolge. Viele ihrer Verwandten waren Katholiken, was sie laut dem „Act of Settlement“ von 1701 von der Erbfolge ausschloss. Das englische Parlament entschied sich daher für den nächsten protestantischen Verwandten: Georg von Hannover.
Die hannoverschen Könige: Deutsche Herrscher in England
Georg I. (1714–1727) regierte England, ohne die Sprache des Landes zu sprechen. Er überließ daher viele Aufgaben dem Parlament. Dies führte zur Stärkung des britischen Kabinettsystems. Sein Sohn, Georg II. (1727–1760), war der letzte britische Monarch, der in einer Schlacht kämpfte. Besonders einflussreich war seine Ehefrau Caroline von Brandenburg-Ansbach, die als kluge Beraterin galt.
Unter Georg III. (1760–1820) kam es zu bedeutenden Umbrüchen: England verlor 1776 seine amerikanischen Kolonien, und die Napoleonischen Kriege erschütterten Europa. Georg III. litt zudem unter schweren psychischen Erkrankungen, weshalb sein Sohn Georg IV. (1820–1830) ihn ab 1811 als Prinzregent vertrat.
Wilhelm IV. (1830–1837) folgte seinem Bruder Georg IV. Er hinterließ keine legitimen Nachkommen, sodass seine Nichte Victoria 1837 den Thron bestieg. Mit ihr endete die hannoversche Linie in England.
Deutsche Adelsverbindungen: Ein Netz aus Dynastien
Die Herrscher aus dem Haus Hannover standen in enger Verbindung mit anderen deutschen Adelsfamilien. Besonders bedeutend war die Verbindung zur Hohenzollern-Nebenlinie Brandenburg-Ansbach. Caroline von Ansbach, die Ehefrau Georgs II., wuchs am preußischen Hof auf und brachte eine enge Bindung zwischen Preußen und England mit. Ihre politische Klugheit machte sie zu einer der einflussreichsten Königinnen ihrer Zeit.
Georg III. heiratete Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, die eine leidenschaftliche Förderin von Kunst und Wissenschaft war. Sie hinterließ zudem ein botanisches Erbe: Die exotische Pflanze Strelitzia reginae, auch Paradiesvogelblume genannt, wurde nach ihr benannt. Charlotte war auch eine wichtige Schirmherrin der Königlichen Akademie der Künste und spielte eine bedeutende Rolle bei der Förderung der Musik von Johann Christian Bach, einem der Söhne von Johann Sebastian Bach. Ihre Interessen und ihr Engagement trugen zur kulturellen Blüte der georgianischen Ära bei und hinterließen einen bleibenden Eindruck auf das kulturelle Leben Großbritanniens.
Victoria wiederum ehelichte Prinz Albert aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha, dessen Familie zahlreiche europäische Thronfolger stellte. Doch nicht nur Albert war deutschstämmig – die britische Königsfamilie war durch Heiraten tief in den deutschen Hochadel eingebunden. Auch das Haus Sachsen-Meiningen spielte eine Rolle: Adelaida von Sachsen-Meiningen, die Frau von Wilhelm IV., war eine fromme und pflichtbewusste Königin. Ihre Ehe blieb kinderlos, sodass die Thronfolge auf ihre Nichte Victoria überging.
Warum das Haus Hannover die Krone verlor
Als Victoria 1837 den Thron bestieg, konnte sie nicht auch über das Königreich Hannover herrschen. Dort galt das salische Erbrecht, das Frauen von der Thronfolge ausschloss. Somit fiel Hannover an ihren Onkel Ernst August. In England übernahm Victorias Sohn Eduard VII. 1901 die Krone und gründete das Haus Sachsen-Coburg und Gotha, das später in Windsor umbenannt wurde. Diese dynastischen Veränderungen spiegelten die politischen und sozialen Umbrüche jener Zeit wider und markierten den Beginn einer neuen Ära für das britische Königshaus.
Ein Blick in die Geschichte: Arte-Dokumentation
Die Geschichte der britischen Monarchie und ihrer deutschen Wurzeln ist vielschichtig und faszinierend. Wer mehr erfahren möchte, kann die vierteilige Arte-Dokumentation „Britanniens deutsche Dynastie“ ansehen. Die Serie beleuchtet die Verflechtung des Hauses Hannover mit der britischen Krone und zeigt, wie deutsche Fürsten ein Weltreich prägten. https://www.arte.tv/de/videos/RC-025893/britanniens-deutsche-dynastie/ Georg I. sprach bei seiner Ankunft in England kaum Englisch, doch sein Erbe lebt weiter: Die Prinzipien der konstitutionellen Monarchie, die sich während der Herrschaft des Hauses Hannover entwickelten, sind bis heute ein Grundpfeiler der britischen Krone. Nicht nur Prinz Albert aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha war deutscher Herkunft, sondern zahlreiche Mitglieder der englischen Königsfamilie stammten aus deutschen Adelshäusern. Diese dynastischen Verbindungen prägten die britische Monarchie über Jahrhund