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Salzbergwerk Merkers

Salz, Stollen und Strukturwandel

Merkers. Über 800 Meter tief, 20 Kilometer Fahrt, Kristalle wie Kathedralen – das Erlebnisbergwerk Merkers führt spektakulär durch Salz, Stahl und Geschichte. Doch wo bleibt das Erbe der Kumpel? Ein Ausflug mit Tempo, Tiefgang und Tücken. Ein Abenteuer, das auch Fragen hinterlässt.

Salzbergwerk Merkers
Salzbergwerk Merkers

Wer nach Südwestthüringen kommt, dem duftet es vielleicht nicht direkt nach Abenteuer – aber tief unter der Erde verbirgt sich eine Region mit Geschichte. Genauer gesagt: mit Kaligeschichte. Seit über 100 Jahren wird hier Salz abgebaut, es war Wirtschaftskraft, Devisenquelle und Identität zugleich. Das Kombinat Kali war zu DDR-Zeiten ein Riese mit über 30.000 Beschäftigten. Heute sind viele dieser Orte verschwunden, verschlossen oder umgewidmet. Doch eines hat überlebt – als Erlebniswelt: das Bergwerk Merkers.

Mit Vollgas in die Vergangenheit

Der Besuch beginnt mit einem Helm und einer Warnung: „Nicht für Klaustrophobiker geeignet!“ Dann geht’s abwärts. Mit einem rumpelnden Förderkorb saust man in 90 Sekunden rund 500 Meter tief. Unten warten drei Fahrzeuge, große Last-LKW mit Bierzeltbänken. Wir steigen auf, verstauen Rucksäcke und los geht die Fahrt: 30 km/h durch 20 Kilometer Stollen. Es rappelt, es zieht, es ist laut. Aber es macht erstaunlich viel Spaß.

Die Tour führt uns vorbei an ehemaligen Abbauorten, Maschinenparks, großer Technik. Höhepunkt: der sogenannte Goldraum, wo die Nazis 1945 ihre Schätze versteckten – und die US-Truppen sie spektakulär fanden. Danach folgt die Kristallgrotte, eine Naturschönheit mit riesigen Salzkristallen, heute Nationales Geotop. Ein weiteres Highlight: Lasershow mit Orgelmusik in einem 250 Meter langen ehemaligen Salzsaal. Beeindruckend. Theatralisch. Und ein bisschen wie Disneyland auf Kali.

Was nicht gesagt wurde: Die stille Geschichte der Kumpel

So aufregend die Fahrt ist: Sie bleibt an der Oberfläche – also erzählerisch. Kein Wort zur Kombinatsstruktur der DDR, nichts über die Treuhand, den massiven Arbeitsplatzabbau, die soziale Brüche nach der Wende. Dabei arbeiteten hier einst über 2.000 Menschen. Das Bergwerk war Volkseigentum. Heute gehört es zur K+S AG. Aus Kumpeln wurden Touristenführer, aus Schichtplänen Showzeiten. Das kann man spannend finden – oder kritisch.

Fazit: Beeindruckend mit Verbesserungspotenzial

Wer Technik liebt, wird glücklich. Wer Geschichte sucht, eher nicht. Die Fahrt ist eindrucksvoll, die Dimensionen gewaltig, die Shows spektakulär. Aber für ein echtes Verständnis des Ortes braucht es mehr Kontext. Mehr Erzählung. Mehr echte Geschichten. Besuchstipps (damit es rund wird) Tourzeiten: Täglich zwei Touren, online buchbar. Schnell ausgebucht! Dauer: 2,5 Stunden, davon viel Fahrt. Kleidung: Festes Schuhwerk, Jacke (es hat ca. 28 Grad, aber es zieht). Gruppengröße: Bis zu 90 Personen – nicht gerade exklusiv. Nicht geeignet für: Kleinkinder, Menschen mit Platzangst oder Rückenproblemen.