Bad Salzungen. In Bad Salzungen rieselt Salz durch die Luft – und mit ihm Jahrhunderte an Geschichte. Zwischen dampfendem Solenebel, Fachwerkidylle und stiller Heilkunst entfaltet das sanierte Gradierwerk seine ganze Kraft. Ein Ort zum Durchatmen, für Körper, Geist und eine kleine Zeitreise.

Wer das Gradierwerk von Bad Salzungen besucht, betritt einen Ort, an dem Geschichte, Gesundheit und Ruhe in selten gewordener Harmonie zusammentreffen. Bereits seit Jahrhunderten bestimmt das Salz das Leben in dieser thüringischen Stadt an der Werra. Schon im Jahr 775 als „Villa Salsunga“ urkundlich erwähnt, entwickelte sich der Ort rasch zu einem Zentrum der Salzgewinnung. Die Saline war wirtschaftlicher Motor, das Gradierverfahren ab 1590 brachte einen Technologieschub. Um 1800 jedoch wandelte sich der Zweck grundlegend: Aus dem Industrieprodukt wurde ein Heilmittel, das den Kurbetrieb begründete.
Von der DDR zur modernen Kurstadt
In der DDR-Zeit war Bad Salzungen ein Musterbeispiel für die Verbindung von Industrie und Gesundheitswesen. Als Teil des Bezirks Suhl war die Stadt bedeutendes Zentrum für Atemwegserkrankungen. Die Gradierwerke blieben auch in sozialistischer Zeit in Betrieb und prägten das Stadtbild. Trotz materiellen Verschleißes funktionierten die Anlagen weiterhin. Parallel dazu entwickelte sich Bad Salzungen zu einem selbstbewussten Industriestandort mit Kaliwerken, Metallbetrieben und sozialem Wohnungsbau. Nach 1990 erfolgte der Umbruch: Der industrielle Sektor brach ein, aber die Kurtradition überdauerte.
Die Geschichte der Gradierwerke
Von einst 24 Gradierwerken in Bad Salzungen ist heute ein beeindruckendes Ensemble erhalten geblieben. Das erste wurde 1590 errichtet, die letzte – die östliche Wand – stammt von 1797. Der ursprüngliche Zweck war die Salzkonzentration: Sole rieselte über dichte Reisigwände, das Wasser verdunstete, und zurück blieb die begehrte Salzlösung. Doch bald erkannte man auch den heilenden Effekt des salzhaltigen Nebels. Die Gradierwerke wurden ab dem 19. Jahrhundert für Inhalationskuren genutzt. Die DDR führte diese Tradition fort, und seit der Wiedervereinigung wurden die Anlagen aufwendig saniert. Zwischen 2020 und 2023 entstand durch umfassende Baumaßnahmen ein neu erlebbares Gradierensemble.
Die Solewelt heute: Erlebnis für alle Sinne
Das heutige Gradierwerk ist das Herz der „Solewelt“. Der Mittelbau beherbergt den Eingang, die Kurhalle und sanfte Architektur im Fachwerkstil. Die Ost- und Westflügel laden zu wohltuender Inhalation ein – ein Angebot für alle Altersgruppen. Zwei spezielle Inhalationsräume erinnern an eine Dampfsauna: Hier wird Solenebel fein zerstäubt. Spucknäpfe sind dezent integriert, man darf auch konzentriertes Salzwasser trinken. Musik oder Lichtinstallationen gibt es keine – bewusst. Nur das sanfte Rieseln der Sole begleitet den Aufenthalt.
Eintritt in die Solewelt kostet 7,50 Euro pro Tag (Stand 2025). Zusätzliche Anwendungen wie Massagen oder Solebäder können separat gebucht werden. Für ein paar Euro Aufpreis gibt es einen Umhang aus ökologisch abbaubarem Material. Kleidung sollte dennoch gut gewählt sein: Das Salz setzt sich gern an Schuhen und Stoffen ab. Auch Brillenträger sollten vorsichtig sein. Wer dies beachtet, erlebt eine wohltuende Auszeit.
Die Parkanlagen um das Gradierwerk sind frei zugänglich. Ein Tennisplatz, Spazierwege und Sitzgelegenheiten schaffen einen naturnahen Raum. Das Gradierwerk ist nicht nur Denkmal, sondern aktives Zentrum für Gesundheit und Erholung. Gerade nach der aufwendigen Sanierung ist es ein Ort für die ganze Familie – zum Durchatmen, Staunen und Stillwerden. [Aktuelle Informationen gibt es auf der Homepage: www.solewelt.de]